Archiv der Kategorie: Internet

Wie berichten wir über die Eröffnung eines Modehauses?

Längere Diskussionen führten wir in der Redaktion, ob die Berichterstattung über die Eröffnung einer Modehauskette tatsächlich derart umfangreich ausfallen sollte: Aufmacher, Foto und (darum ging es) auch noch ein Videobericht. Die Argumentationslinien verliefen eindeutig von „Wir haben es doch vermeldet und so viel los ist nicht“ zu „In einer bestimmten Zielgruppe ist das Modehaus ein sehr relevantes Thema“. Am Ende entschieden wir uns für das Video, das sowohl auf mainpost.de wie auf unseren Facebook-Seiten gepostet wurde.

Fotostrecken schließen guten Jornalismus nicht aus

Muss ich mich dafür entschuldigen, dass wir mit Diaserien 30 Millionen Seitenaufrufe generieren? Fast kommt es mir so vor, als schämte sich eine ganze Branche dafür, dem Wunsch der Online-User nachzukommen, sich selbst auf Bildern im Netz zu sehen. Erst kürzlich entschuldigte sich ein Kollege dafür, ausnahmsweise – weil Fasching ist – mal wieder jede Menge Diaserien ins Netz zu stellen. Sonst machen wir online ja ernsthaften Journalismus, schwang im Subtext der Äußerung mit.

Ein Kollege ergänzte: „Wir machen kaum noch Diaserien“, betonte er stolz. Gleichzeitig schauen wir bewundernt auf jene Online-Redaktonen, die mit Suchmaschinenoptimierung etliche unterschiedliche Besucher aus ganz Deutschland auf ihre regionales Angebot ziehen. Journalistisch wertvoll? Wohl kaum, hier geht es um Vermarktung, was okay ist, sofern man darauf setzt, immer mal wieder einzelne Besucher, die sich normalerweise nie auf dem eigenen Webangebot tummeln, an Land zu ziehen.
Ich setze darauf, mit dem Webangebot für die Menschen aus der Region attraktiv zu sein. Und dazu gehören Bilder von den Veranstaltungen zwischen Fasching, Weinfest und Stadtmarathon dazu. Damit gewinnen wir keine Journalistenpreise, wohl wahr. Aber wir schaffen ein attraktives Umfeld, in dem guter Journalismus ein entsprechendes Publikum findet.
Apropos: Nehmen wir aus den Lokalteilen unserer Qualitätsmedien mal den User Generated Content und die Vereins- und Ehrungsbilder raus – ich weiß nicht, wie lange sich das die Leser gefallen liesen und wie lange wir noch Raum für guten Journalismus fänden.

Siehe auch hier: http://23thesen.tumblr.com/post/85009679697/17-fotostrecken-sind-vollig-unterschatzt

Sorry, musste ich einfach mal los werden!

Fotostrecke

So muss eine Zeitung sein: San Francisco Panorama

Es ist Quatsch zu glauben, nur wenn man den Vertriebskanal ändert, erreiche man bereits eine neue Zielgruppe. Das haben die 1990er-Jahre alle Zeitungsverlage bitter gelehrt. Wer den Slogan „Content is King“ ernst nimmt, muss sich fragen, warum verlieren traditionelle Medien an Reichweite! Wegen des Internets? Oder weil man den inhaltlichen Anforderungen, die ein moderner Mediennutzer an sein Info-Programm stellt, nicht mehr gewachsen ist? Das Internet ist nur daran schuld, dass die Qualitätsansprüche in die Höhe geschossen sind. Wer zu jeder Zeit alle vergleichen kann, vergleicht auch irgendwann seine liebgewonnen MenSanfranciscopanoramadiennutzungsgewohnheiten. Gelegenheit mach Liebe! Auch bei der Wahl des bevorzugten Mediums.

Wie eine moderne frische Zeitung aussehen kann, hat jetzt der Verlag McSweeney’s eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Nicht nur Format und optische Opulenz sprechen für das Papier. Vor allem die Themenmischung und die Art der Präsentation machen die Lektüre zum Genuss: Poster, Comics und Grafiken neben Kommentaren und klassischer Berichterstattung. Endlich Schluss mit der ewigen Wiederholung – 120 Zeilen Text, dreispaltiges Bild. Infotainment nannte man das mal, was „San Francisco Panorama“ uns präsentiert. Und zwar auf höchstem Niveau. Der Begriff Infotainment ist nur dewegen in Verruf geraten, weil die TV-Sender ein Des-Infotainment daraus gemacht haben.

Klar, eine Tageszeitung muss schnell und sauber produziert werden. Aber kann der Mix aus Info, Orientierung, Untergaltung, Bild und Grafik nicht neu definiert werden? Tolle Anregungen für alle Zeitungsmacher liefert McSweeney auf jeden Fall.